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Bedeutender flämischer Kabinettschrank
des 17. Jahrhunderts

Zweiteiliger Aufbau. In der gesamten Front sowie an den Seiten in dem damals wie heute wertvollsten Möbelmaterial, dem Ebenholz, dessen elegante Schwärze mit seidigem Glanz dem Möbel insgesamt würdige Eleganz verleiht. Gerader Aufbau, der Bodensockel streng gerade ziehend vor einer leicht vortretenden Antreppung mit abschließendem Profil. Demgemäß tritt auch das Hauptgesims nur geringfügig in der Front und den Seiten vor. Der Unterbau zweitürig, darüber leicht vortretendes Zwischengesims mit zwei Frontschüben in kleiner S-bogiger Schwingung. Der Aufsatz nur geringfügig eingezogen, ebenfalls zweitürig, mit Reliefdekorationen. Die einheitliche, geometrische Dekoration des Möbels gliedert Flächen, Türen und Seiten in geometrische Kassetten mit breiteren und schlankeren Flammleisten, die zum Teil in Verkröpfungen verlaufen. In den unteren Türen beiderseits zentrales Motiv eines Flammleistenquadrats mit darüber stehendem Giebel mit schwerem Schlussstein.
Höhepunkt der dekorativen Frontgestaltung sind die beiden vierpassigen Reliefbilder mit der Szenendarstellung aus dem Buch Esther. Der Vierpass jeweils umzogen von Flammleisten eingepasst in das gedrungene Hochrechteck, die Eckfelder leicht kassettenartig hervorgehoben. Im oberen Dachgesims zwei nebeneinander liegende Schübe. Die breiteren Bänder und Flächen mit floralen Gravurdekorationen besetzt in eleganter Zurückhaltung, um die Reliefbilder umso mehr zur Geltung zu bringen.
Auffallend ist die Bildthematik der beiden Vierpassreliefs. Hier wird die altbiblische Geschichte der jungen Esther im Kaiserreich des Königs Ahasveros (Xerxes) geschildert. Entsprechend der jüdischen Tradition beginnt die Bilderzählung mit dem rechten Flügel, in dem die jugendliche Esther vor dem König kniet, der ihr den Zepterstab entgegen hält zum Zeichen ihrer Rangerhöhung. Im Hintergrund ist, der biblischen Geschichte gemäß, der Galgen zu sehen. Die linke Bildtafel zeigt die junge Esther bereits als Gemahlin des Königs mit Krone auf dem Haupt, im Hintergrund weitere Figuren. Diese Esther-Geschichte ist die Grundlage für das jüdische Purimfest. Dementsprechend dürfte das Möbel für die Einrichtung eines jüdischen Bürgerpalastes angefertigt worden sein.
In geöffnetem Zustand zeigt sich das Oberteil in der nämlichen, schlichten Eleganz ebenfalls in Ebenholzvertäfelungen. Türinnenseiten mit den entsprechenden Flammleistenrahmungen mittig drei Türflügel umgeben von insgesamt 18 Schüberahmungen in Flammleisten. Die Zwischenflächen fein graviert mit Blattrankenblüten sowie Vasendarstellungen in den schlanken Türfüllungen. Bei Öffnung entwickeln die beiden Mitteltüren ein fantastisches Innenleben mit betonendem, farbigem Kontrast zur Ebenholzfassade. Die Türinnenseiten hier mit Rosenholz, Ebenholz, hellen Band- und Fadeneinlagen furniert. Jeweils mit zentralem Oktogon, darin ein achtstrahliger Stern, in den Ecken grün gefärbte Beineinlagen. Die Mittelnische trapezförmig vertieft und an den Seiten verspiegelt lässt das intarsierte Mittelfeld in unendlichen Tiefen fortgesetzt erscheinen. Der Boden in Würfelmarketerie furniert. Die Rückabdeckelung zeigt eine Scheinperspektivenarchitektur. Die Seiten des Wandelganges in grün gefärbtem Bein eingelegt. Die Mittelnische wird flankiert von zwei hocheckigen, gemalten Bildflächen, die je eine kleinere Rundbogennische illusionieren, darin eingestellt jeweils ein Blumenbouquet in Vase. Diese beiden Bildfelder lassen sich als versteckte Schubläden herausziehen und geben beiderseits je drei weitere Geheimschubläden frei durch Rosenholz bzw. Palisander furniert. Auch die intarsierte Mitteltafel ist herausnehmbar, wodurch vier kleine Geheimschübe freigegeben werden. Schlösser und die vergoldeten Schlüsselschilder original erhalten, das Möbel insgesamt in sehr gutem Zustand. Schlüssel vorhanden.

Literatur:
Abgebildet in Pierre Faveton, Reconnaître les meubles de style, 2014, S. 26. (990995) (11)


Great Flemish 17th century cabinet
Height: 201 cm.
Width: 158 cm.
Depth: 56 cm.

Literature:
Illustrated in Pierre Faveton, Reconnaître les meubles de style, 2014, p. 26.

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