443
Italo-flämischer Maler des ausgehenden
16. Jahrhunderts, aus dem Umkreis/ Nachfolge des Giorgio Vasari (1511 – 1574)

Die Bilddarstellung ist von ikonografisch außergewöhnlicher Seltenheit. Die Bildthematik daher auf den ersten Blick nicht sofort deutbar. Sie zeigt als Hauptfigur eine rechts höherstehende kräftige Gestalt eines Mannes, nur mit einem Tuch um die Schulter bekleidet, in der rechten Hand eine Kanne, mit der er in eine entgegengehaltene Schale gießt. Einer der Männer trinkt bereits aus seiner Schale. Im Vordergrund ein jüngerer Mann, der zwischen Felsgestein – offenbar vergeblich – nach einer Wasserquelle sucht. Die Gestalt am linken Bildrand weist mit dem Finger auf den erhöht stehenden Wasserspender und blickt demonstrativ dem Bildbetrachter entgegen.
Die Deutung der Darstellung erhellt aus dem Johannesevangelium (Joh 4,5-42). Danach antwortete Jesus einer Samariterin „Wer von diesem Wasser trinkt, wird wieder Durst bekommen; wer aber von dem Wasser trinkt, das ich ihm geben werde, wird niemals mehr Durst haben; vielmehr wird das Wasser, das ich ihm gebe, in ihm zur sprudelnden Quelle werden, deren Wasser ewiges Leben schenkt.“ Das erklärt auch das vergebliche Suchen des Mannes im Vordergrund nach einer Quelle zwischen Steinen. Gemeint ist mit dem Thema eine Reminiszenz an das Wasserwunder des Moses im Sinai. Deshalb auch ist hier der landschaftliche Hinter- und Vordergrund lediglich als Felsgestein wiedergegeben.
Christus ist hier in muskulöser Körperlichkeit gezeigt. Dies entspricht den Renaissance-Vorstellungen, wie wir sie bei Michelangelo (1475-1564) kennen. Auch das Motiv des „Jesus als neuer Herkules“ findet hier im Bild eine Anspielung durch den keulenförmigen Stock, der neben die Christusfigur platziert wurde.
Der Kopf Christi trägt hier die Züge des Jesus aus der Stichfolge der „Passion“ von Albrecht Dürer (1471-1528) von 1510/15. Der Dürer-Stich wurde durch den Kupferstecher Marcantonio Raimondi (um 1480-1527) nach Italien vermittelt (siehe Vergleichsabb.).
Was den Malstil betrifft, so weisen Bildaufbau und die Körperhaltungen auf den Manierismus. Hier dürfte der Doyen des florentinischen Kunstgeschehens, Giorgio Vasari, die vorbildhafte Rolle gespielt haben. Die Eichenholztafel wiederum weist auf einen italo-fränkischen Maler. Die ikonografische Darstellung und die Bildthematik dürfte jedoch von einem Concettisten aus dem Kreis der Theologen angeregt worden sein. A. R. (1281046) (2) (11)


Italo-Flemish painter,
late 16th century, circle/ follower of Giorgio Vasari (1511 – 1574)
JESUS AS THE NEW MOSES
Oil on panel.
75 x 58 cm.

This object has been individually compared to the information in the Art Loss Register data bank and is not registered there as stolen or missing.