712
Jan van Bijlert,
um 1597 Utrecht – 1671

Das vorliegende Gemälde von Jan van Bijlert ist Teil einer umfangreichen figurativen Typologie, die sich in der niederländischen Malerei des 17. Jahrhunderts großer Beliebtheit erfreute. In ihnen vermischen sich bukolisch-pastorale Elemente mit allegorischem Inhalt, die mit den Darstellungen der Sinne verbunden sind und die literarische Tradition und klassische Mythologie wiederholen. Die musikalischen Themen waren zu Beginn des 16. Jahrhunderts in Italien ein wichtiges Sujet, insbesondere im Veneto auf den Gemälden Giorgiones, und fanden weite Verbreitung im 17. Jahrhundert, wo sie perfekt in den holländischen, vor allem Utrechter Kontext passten. Die einflussreichsten Maler lebten in ihren frühen Schaffensjahren in Rom und wurden dort stark von Caravaggio beeinflusst. Seine Version aus dem Themenkreis, der Lautenspieler, befindet sich heute in der Eremitage. Die niederländischen, in Rom ansässigen Maler bedienten sich seiner bildnerischen Innovationen und brachten sie auf eine internationale Ebende. Aus diesem Grund sind junge, zumeist in Halbfigurenansicht wiedergegebene Männer mit Musikinstrument in den Werken von Hendrick ter Brugghen, Dirck van Baburen, Gerrit van Honthorst, Abraham Bloemaert und Jan van Bijlert, dem Maler des vorliegenden Werks, zu finden.
Bijlert genoss seine erste Ausbildungszeit bei seinem Vater, der auf Glasmalerei spezialisiert war. Um 1610 wechselte Jan dann in die Werkstatt von Abraham Bloemaert. Seine künstlerische Persönlichkeit entwickelte sich jedoch erst richtig während seines Aufenthaltes in Rom zwischen 1621 und 1624 als er mit dem Stil Caravaggios in Kontakt kam. Die folgenden Jahrzehnte verbrachte Bijert wieder in seiner Heimatstadt Utrecht und entwickelte hier seinen ganz eigenen, wieder stärker klassischen Stil. Er wandte sich vom starken Chiaroscuro ab hin zu kräftigeren Farben, ähnlich der Entwicklung die Gerrit van Honthorst einschlug.
Das vorliegende Gemälde eines Hirten mit Flöte, auf dem der junge Protagonist dabei ist, sein Instrument mit einem kleinen Messer zu bearbeiten, stammt wohl von der Hand des Künstlers und sticht unter den zahlreichen Versionen dieses Sujets, die Bijlert, seiner Werkstatt und seinen Nachfolgern zugeschrieben werden, heraus. Da hier noch die Einflüsse Caravaggios ausgemacht werden können ist das Werk in die Jahre um 1625 bis 1630 zu datieren.

Literatur:
Vgl. G. J. Hoogewerff, Jan van Bijlert. Schilder van Utrecht (1598 - 1671). In Oud Holland, 80, 1965, S. 2-23 (Nr. 71).
P. Huys Janssen, Jan van Bijlert. Catalogue raisonné, Amsterdam, Philadelphia, 1998, Nr. 80, pl. 41.
B. Nicolson, Caravaggism in Europe, zweite Auflage, Luisa Vertova (Hg.), Turin, 1997, Band III, S. 71, Nr. 1337.
D. P. Weller (Hrsg.), Sinners and saints, darkness and light. Caravaggio and his Dutch and Flemish Follower, Ausstellungskatalog Milwaukee, 1998 - 1999, S. 208. (981193) (12)


Jan van Bijlert,
circa 1597 Utrecht – 1671

SHEPHERD WITH FLUTE

Oil on canvas.
72 x 60 cm.
Signed upper right.

Dieses Objekt wurde mit dem Datenbestand des Art Loss Registers individuell abgeglichen und ist dort weder als gestohlen, noch als vermisst registriert.